Rezension: Information Sources in Chemistry

Erschienen in: Auskunft 13(1993)294-296


Information Sources in Chemistry / Editors Robert T. Bottle, J.F.B. Rowland. 4. ed. London, Muenchen: Bowker-Saur, 1993. 341 S. DM 152,-

Dieser neue Literaturfuehrer zur Chemie aus der Reihe "Guide to information sources" boete Anlass fuer einen historischen Rueckblick auf die Entwicklung von Literatur, die sich mit der chemischen Information bzw. Fachinformation beschaeftigt. Monographien ueber chemische Literatur und Information erschienen erstmals verstaerkt in den Zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts, wovon Wilhelm Ostwalds "Die chemische Literatur und die Organisation der Wissenschaft" aus dem Jahre 1919 wohl das erste Werk dieser Art darstellt. Das hier zu besprechende Buch stellt die 4. Auflage eines zuerst 1962 unter dem Titel "Use of chemical literature" herausgekommenen Werkes dar. Ein Vergleich der verschiedenen Auflagen dieses Werkes stellt eine reizvolle Aufgabe dar, die Entwicklung der chemischen Fachinformation von 1960 bis heute zu analysieren. Dies alles kann allerdings nicht Aufgabe dieser Rezension sein. Nur so viel: Die 3. Auflage 1979 enthielt genau 2 Seiten ueber die Moeglichkeit der Onlinerecherche, fuer eine moderne Einfuehrung in die Chemie-Information heute unvorstellbar.

Interessant an chemischen Literaturfuehrern im Sinne einer Geschichte chemischer Publikationen sind in der Regel die Teile, die sich mit der Entwicklung der Zeitschriften befassen. Auch in diesem Werk finden sich entsprechende interessante Bemerkungen und Wertungen. So wird anlaesslich der heutigen Dominanz der amerikanischen Chemie-Zeitschriften, hier besonders der American Chemical Society, nach der Rolle der britischen Zeitschriften gefragt und festgestellt, dass diese hauptsaechlich Aufsaetze nichtbritischer Autoren veroeffentlichen - die britischen Autoren veroeffentlichen in amerikanischen Zeitschriften - und diese Zeitschriften hauptsaechlich im nichtbritischen Ausland verkauft werden. Der Kommentar eines der Herausgeber zu diesem Ergebnis ist gepraegt von typisch britischen Understatement: "Some people feel that the UK gains considerable economic benefit from the historical accident that it speaks a dialect of the US language!" (S. 19) "Information sources in chemistry" beschreibt umfassend und detailliert die Informationsmittel vieler Bereiche der Chemie. Wird auf bestimmte Teilbereiche, wie Biochemie, Verfahrenstechnik und Chemiegeschichte, nur kurz eingegangen, wird auf entsprechende Abschnitte in parallel schon erschienenen Werken der Reihe verwiesen, wie z.B. auf

- Information Sources in the Medical Sciences / Ed. L.T. Morton and Shane Godbolt. 4. ed. London, Muenchen: Bowker-Saur, 1992. Abschnitt "Biochemistry, biophysics and molecular biology" von J.F.B. Rowland. Signatur: GTA-800

- Information Sources in Engineering / Ed. L.J. Anthony. London: Butterworth, 1985. Abschnitt "Chemical Engineering" von John Stevenson. Signatur: TEA-810

- Information Sources in the History of Science and Medicine. London: Butterworth, 1983. Abschnitt "History of chemistry" von W.H. Brock. Signatur: NAU-050

Fuer die Herausgeber des Buches steht die Kommunikation am Anfang und am Ende jedes Informationsproblems. Analog wird das Buch von einem Abschnitt ueber wissenschaftliche Kommunikation eingeleitet, waehrend das Schlusskapitel praktische Hinweise zur Informationssuche gibt und quasi einen Schluessel zu den dazwischen liegenden Abschnitten bildet. Am Schluss dieses Kapitels stehen Hinweise auf moderne Informationsmittel, die aufgrund der weltweiten Vernetzung der Rechner immer gaengiger werden. Dafuer stehen Begriffe wie: Internet, Telnet, FTP, e-mail usw.(Vergleiche auch: Varveri, F.S.: Information retrieval in chemistry. Journal of Chemical Education 70(1993)204-208)

Der handliche Band besteht aus insgesamt 17 Abschnitten, die von unter- schiedlichen Autoren verfasst wurden. Die Mehrzahl der Autoren kommt aus Grossbritannien, so dass die britische Sichtweise und britische Aspekte technischer Informationen eher zum tragen kommen. Fuer einen Blick auf die Chemie-Information aus amerikanischer Sicht wird auf das Buch von Robert E. Maizell verwiesen (How to find chemical information. 2. ed. New York: Wiley, 1987). Die Abschnitte befassen sich im allgemeinen Teil einerseits mit konventionellen Themen, wie Primaer-, Sekundaer- und Tertiaerliteratur, anderseits mit Fragen der Online-Information und der Computerbehandlung chemischer Strukturen. Vier Abschnitte zur reinen Chemie thematisieren physikalisch-chemische Stoffdaten, anorganische und organische Chemie, wo zusaetzlich dem Beilstein-Handbuch ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Der dritte grosse Teil vermittelt Kenntnisse ueber Gebiete der angewandten Chemie, wie Patente, Wirtschaftsinformation, Sicherheit und Gefahrstoffe, Pharmazeutische Industrie, Agrar- und Lebensmittelindustrie sowie Informationsquellen amtlicher nationaler und internationaler Organisationen.

Es kommt teilweise zu Ueberschneidungen, was aber kaum als Mangel anzusehen ist, wenn die Autoren unterschiedliche Wertungen vornehmen, bzw. teilweise veraltete Angaben in einem Artikel auf dem schnellebigen Gebiete der Online-Datenbanken in einem anderen verbessert werden.

Der Ansatz bei der Anordnung des Stoffes des Werkes von Bottle ist ein anderer als bei dem vergleichbar modernen Werk von Gary Wiggins (Chemical Information Sources. New York: McGraw-Hill, 1991). Wiggins stellt weniger den auf das Spezialgebiet in der Chemie bezogenen Aspekt in den Vorder- grund als den eher formalen der Suche: der Suche nach Autoren bzw. Namen, nach Sachfragen, nach Patenten, nach chemischen Verbindungen, nach deren Strukturen, deren Stoffdaten und deren Reaktionen. Beide Werke ergaenzen sich damit bei einem schnell notwendigen Zugriff in der Praxis.

Das Buch "Information sources in chemistry" aktualisiert andere schon auf dem Markt befindliche Literaturfuehrer zur Chemie und ist aufgrund einer Informationsdichte bei gleichzeitig wertvollen weiterfuehrenden Hinweisen fuer die Chemie-Information unentbehrlich und sollte in keiner chemisch orientierten Bibliothek fehlen.

Thomas Hapke


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